1. Deutsches Snoezelen-Symposium am 30.10.2010

Nachdem das 8. Internationale Symposium Snoezelen 2010 in den USA stattgefunden hat (Bericht) und wegen der großen Entfernung bis auf zwei Referenten ansonsten keine Teilnehmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die weite Reise auf sich nehmen konnten, haben wir diesmal am 30. Oktober zusätzlich ein Symposium in der Mitte Deutschlands, in Maria Bildhausen bei Münnerstadt (nicht weit von Fulda oder Würzburg entfernt), angeboten. Die Abteilungsleiterin der Förderstätte und auch Mitglied der ISNA Manuela Trescher hat mit großem Engagement und viel Liebe diese Tagung organisiert. Das "Kloster Bildhausen" (auch "Kloster Maria Bildhausen") ist eine ehemalige Zisterzienserabtei bei Münnerstadt in Bayern in der Diözese Würzburg. Es liegt in einer teilweise bewaldeten Hügellandschaft am Ostrand der Rhön (siehe auch wikipedia - Kloster_Bildhausen). Heute wird dieses Kloster von dem Dominikus-Ringeisen-Werk geführt. "Die Zentralen Wohnangebote am Standort Maria Bildhausen betreuen als Wohnheim, Wohnpflegeheim und Fachpflegeeinrichtung erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung. In 14 Wohngruppen stehen 182 Plätze zur Verfügung. Angeschlossen ist eine Förderstätte und eine Seniorenstätte" (vgl. ebda). Wie auch im Internet gepriesen ist die weiträumige fast 500 Jahre alte Klosteranlage wirklich eine "Oase des Lebens" und wie wir es auch empfunden haben eine "Oase der Ruhe" - ideal geschaffen für unser Anliegen "Snoezelen".

  Foto des Kloster Maria Bildhausen Foto der Eröffnungsveranstaltung Symposium 2010  

Die 80 Teilnehmer wurden von dem stellvertretenden Gesamtleiter der Einrichtung Michael Nowotny in der Abteikirche begrüßt. Herr Nowotny stellte sehr anschaulich die Einrichtung vor und beschrieb eindrucksvoll die Arbeit in dem großen Wohn- und Ausbildungskomplex. Das Klostergelände bietet in der Gärtnerei und Metzgerei sowie in Küche und Hauswirtschaft vielfältige Praktikums-, Anlern- und Arbeitsplätze.

Anschließend beschrieb Frau Prof. Dr. Mertens in ihrem Eröffnungsvortrag den aktuellen Stand der ISNA (International Snoezelen Association) in Deutschland und weltweit. 31 Nationen sind inzwischen Mitglieder der ISNA und man kann stolz darauf sein, dass diese Verbreitung ihren Ausgang in Deutschland genommen hat. Die verantwortliche Aufgabe des Snoezelenbegleiters, Snoezelenexperten, also der Person, die als Snoezelenfachkraft ausgebildet ist, deren besondere Einstellung und philosophischer Hintergrund, wurde in dem Grundsatzreferat besonders hervorgehoben.

Die Teilnehmer hatten die Möglichkeit, im Laufe des Tages an drei der insgesamt acht Workshops teilzunehmen:

Reinhard Keck, Rehabilitationslehrer für Blinde und Sehbehinderte in einer großen Einrichtung in Neuwied, hat sich als Experte auf dem Gebiet der Unterrichtung von blinden und sehbehinderten schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen in den Bereichen "Lebenspraktische Fähigkeiten", "Kommunikation", "Orientierung und Mobilität" sowie "motorische und perzeptuelle Wahrnehmung" dem Snoezelen verschrieben. Von ihm wurde in seiner Einrichtung in Neuwied ein Snoezelenraum für "Nicht-Sehende" (Zielgruppe: Vollblind und Sehbehindert) bedürfnisgerecht eingerichtet, der auch mit kleinen Änderungen für den geriatrischen Bereich genutzt werden kann. Er stellte anschaulich in seinem Workshop "Snoezelen mit blinden und sehbehinderten Menschen" diesen besonderen Raum und Beispiele zur praktischen Förderung vor, wobei dieses Wissen auch für alle übrigen Teilnehmer von großem Gewinn war.

Angelika John, Sozialarbeiterin in einer großen Senioreneinrichtung in Freiberg, bot passend zu der Jahreszeit einen Workshop zum Thema "Blätter und Früchte im Herbst" an. Hier konnte man erfahren, wie Snoezeleneinheiten - didaktisch gut geplant und aufgebaut - in die Praxis umgesetzt werden. Im Focus lagen erwachsene Menschen, speziell solche im höheren Lebensalter. Der Raum war herbstlich dekoriert. Die Teilnehmer benannten die herbstlichen Farben und Früchte und ordneten sie einer Geschichte, einem Gedicht oder einem Lied zum Thema "Herbst" zu. Assoziationen konnten hergestellt werden: "Was geschieht im Herbst, wenn die Natur schlafen geht?" Im zweiten Abschnitt wurden Herbstcollagen angefertigt - dabei ordnete die Gruppe die Blätter den entsprechenden Bäumen zu. Geschnittene Früchte wurden zum Naschen und Schnuppern herumgereicht. Im letzten Abschnitt konnte man es sich bequem machen. Paarweise gaben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gegenseitig eine Handmassage oder mit dem Igelball eine Rückenmassage. Man spürte die Ruhe und Erholung, die durch eine Entspannungsgeschichte noch intensiver erlebt wurde.

Auch Katijana Harasic, die als Krankenschwester in einer Senioreneinrichtung in der Schweiz arbeitet, vermittelte den Zuhörern in ihrem Workshop "Snoezelen für Senioren und Menschen mit Demenz" ein Bild von den Erschwernissen ihres Arbeitsalltags. Menschen mit Demenz sind oft überfordert, da sie den permanent ausgesetzten Umweltreizen kaum entfliehen beziehungsweise diese nicht ordnen oder verstehen können. Der Alltag wird dadurch für sie bedrohlich und undurchschaubar. Ängste und Stress können ausgelöst werden. Beim Snoezelen besteht die Möglichkeit des Rückzuges aus dem für sie empfundenen chaotischen Alltag. Der belastete Mensch kann sich entspannen, zur Ruhe finden und zunehmend besser kommunizieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Aktivitäten, die Menschen mit Demenz fast immer überfordern, werden beim Snoezelen die Sinnesreize dosiert angeboten. Die Senioren wählen die für sie interessanten Reize aus und können sich besser darauf konzentrieren. Die Teilnehmer waren für die große Praxisnähe dankbar, die Fülle der Anregungen lässt sich auch auf die Arbeit außerhalb eines Snoezelenraumes übertragen.

Carolin Pelz, Ergotherapeutin aus Eppstein, und Constanze Düwiger, Diplom - Rehabilitationspädagogin aus Rümmingen an der Schweizer Grenze, gestalteten gemeinsam den Praxisworkshop "Herbst", der die Zielgruppe geistig behinderte Menschen sowie Kinder ohne Beeinträchtigungen im Auge hatte. Über ausgewählte taktile, visuelle, gustatorische, olfaktorische und auditive Reize konnte diese Jahreszeit besonders erlebt werden. Die Teilnehmenden wurden mit den besonderen Reizangeboten der Früchte und Blätter, von Erde und Moos, der Tiere und auch der Wetterstimmungen (z. B. Regen, Wind, Gewitter) konfrontiert und emotional berührt. Die beiden Referentinnen haben es verstanden, auch die didaktisch-methodischen Grundlagen zu betonen und Hilfen für die Planung von weiteren Snoezelenstunden zu geben.

In einem Praxisworkshop zeigte Nicole Ling, Heilpädagogin in Andernach, auf, dass eine Fachkraft Kinder "Mit den Sinnen in die Entspannung" führen kann. Gerade Snoezelen bietet auch jüngeren Kindern die Möglichkeit, die vielfältigen im Alltag einströmenden Reize zu selektieren und für Alltagshandlungen nutzbar zu machen. Die kleinen Mädchen und Jungen lernen, die Eindrücke besser zu ordnen und einzelne Wahrnehmungsbereiche differenziert zu erleben, auch darüber zu reflektieren. Über das ausgewählte Angebot kann der Mensch zur Ruhe kommen und wird auch fähig, mit seiner Fantasie auf Reisen zu gehen, um schließlich Entspannung zu erfahren. Frau Ling hat es geschafft, die Teilnehmenden in die Welt der Kinder zu "entführen" und sie eine "Tierische Entspannung" erleben zu lassen.

Um sich intensiv auf Entspannung, Ruhe und Meditation einzulassen, ist die Erzählung "Der Seelenvogel" besonders geeignet. Diana Will, Ergotherapeutin in der Einrichtung Maria Bildhausen, nutzt die intime Atmosphäre des Snoezelenraumes, um vor allem Kindern und Jugendlichen mit Verhaltensauffälligkeiten und -störungen die Aussagekraft der Geschichte des Seelenvogels spüren und intensiv erleben zu lassen. Diese jungen Menschen tragen meist ein sog. Gefühlschaos in sich herum; sie sind vielfach überfordert und wissen nicht, wie sie dieses steuern oder auch äußern können. Über die Geschichte "Der Seelenvogel" können möglicherweise Lösungsansätze für Probleme gefunden werden. Diese positive, steuernde Erfahrung, die mit einer beruhigenden Musik verbunden war, konnten auch die Teilnehmenden machen.

Wegen einer Erkrankung des Seniorenheimleiters aus Aschau, Rudi Gosdschan, übernahmen Manuela Trescher und Krista Mertens die Aufgabe, einen "Snoezelenwagen - anwendbar in Senioren- und Rehabilitationskliniken" vorzustellen. Rudi Gosdschan hat ein besonderes "Snoezelenmobil" konstruiert, das dem Charakter eines Möbelstückes entspricht und von den Heimbewohnern nicht als Fremdkörper wahrgenommen wird. Dadurch kann bei Personen in Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen das Interesse für das Snoezelen noch mehr geweckt werden. Der vorgestellt Wagen ist eine Neuentwicklung und berücksichtigt die Bedürfnisse nach flexiblem Einsatz sowie einem Angebot, das Erinnerungen wach ruft und die Sinne anregt. Leider konnte dieser spezielle Wagen nicht vorgestellt werden. Die Firma Wehrfritz stellte aber ihren Ausstellungswagen zur Verfügung, sodass die breiten Einsatzmöglichkeiten eines solchen mobilen Gerätes für bettlägerige Bewohner bzw. Patienten verdeutlicht und diskutiert werden konnten.

Ein besonderes Highlight war der Praxisworkshop "Snoezelen im Wasser". Foto von Menschen, die im Wasser snoezeln Eigens für dieses Angebot war das Schwimmbad in eine Eismeerlandschaft umgebaut worden. Reiner Cherek, Sportlehrer aus Offenbach und weltweit bekannte Schwimmfachkraft, insbesondere für behinderte Säuglinge, Kinder und erwachsene Menschen, ließ die Teilnehmer die positiven physikalischen Eigenschaften des Wassers erleben. Ein Mensch, der das erste Mal mit dem ganzen Körper ins Wasser taucht, spürt die durch den hydrostatischen Druck erschwerte Atmung. Der auf dem Körper lastende Druck sensibilisiert das taktile System. Der Auftrieb verringert das Körpergewicht und verändert die Körperlagekontrolle. Jede Bewegung wird auch durch den Wasserwiderstand gebremst. Die Teilnehmer konnten in dieser besonderen Atmosphäre mit einer Fülle an speziellen Materialien Wasserwiderstand, Druck und Auftrieb bewusst erfahren und für diese Veränderungen im Körper sensibilisiert werden. Ebenso wurden in diesem feuchten Element auch alle körperfernen Sinne wie Hören, Sehen, Riechen und Schmecken sensibilisiert. Neben dieser Selbsterfahrung wurde auch der sichere Umgang im Wasser mit ängstlichen Personen angesprochen.


Zur abschließenden Plenumsveranstaltung konnte als besonderer Gast Dr. Martin Buntrock begrüßt werden. Anschaulich und für jedermann verständlich stellte er mit Musikbeispielen seine Dissertation "Zur Wirkung von Entspannungsmusik im Snoezelenraum"vor. Viele Fragen konnten beantwortet und die richtige Musikauswahl für das Snoezelen begründet werden.Leider musste man viel zu früh diese sonnige Oase wieder verlassen. Der besondere Dank gilt Manuela Trescher für den reibungslosen Verlauf der Veranstaltung. Ebenso herzlichen Dank den Firmen Wehrfritz und Sport Thieme für die finanzielle Unterstützung des Symposiums.
Man trennte sich mit dem Wunsch, auch 2011 auf dem 9. Internationalen Symposium in Paris wieder dabei zu sein. Die Kongresssprachen sind deutsch, englisch und französisch, so dass man sich mit Snoezelenexperten aus der ganzen Welt austauschen kann.


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